Start-Up Unternehmen: Die Fallstricke einer Transformation mit Wachstumsschmerzen

 

Als Berlinerin bewege ich mich in einem direkten Umfeld mit vielen Start-Up Unternehmen. Unternehmen mit brillanten Ideen, hoch inspirierenden Firmengründern, die mit ihren Visionen und  Geschäftsmodellen oftmals sehr rasant erfolgreich werden.

 

  • Die Magie des Anfangs

Die Anfangsphase eines solchen Unternehmens ist dadurch geprägt mit dem Tempo des Wachstums mitzuhalten. Mitarbeiter werden eingestellt, die ebenso engagiert und hochmotiviert ganz im Sinne eines schnellen Wachstums an den Start gehen. 

Mitarbeiter schätzen meist in einem solchen Umfeld die Dynamik und Flexibilität, die es ihnen erlaubt sich selbst aktiv einzubringen, auch wenn oftmals viele Entscheidungen durch den Firmengründer mangels anderweitiger Managementstrukturen und Verantwortlichkeiten direkt getroffen werden. In den meisten Start-up Unternehmen herrscht nichtsdestotrotz eine Kultur des partnerschaftlichen Umgangs. Aufgrund fehlender Hierarchien fühlen sich die Mitarbeiter direkt beteiligt und erkennen unmittelbar ihren eigenen Beitrag am Unternehmenserfolg, was durch das Erleben der eigenen Selbstwirksamkeit hochmotivierend wirkt.  Auch bewegt man sich in einem Umfeld, in den Strategien und Arbeitsweisen hin und wieder kurzweilig sein können. Schließlich zeichnen sich solche Unternehmen durch Mut,  Tatendrang und schnelle Entscheidungen aus, die machmal auch korrigiert werden müssen. Flexibilität and Anpassungsvermögen ist dabei gefragt. Solange sich dies in einem für die Mitarbeiter wahrgenommenen vernünftigen Umfang bewegt, wird dies eher als willkommende persönliche Entwicklung empfunden. 

 

  • Wachstumsschmerzen beginnen deutlich zu werden

Mit dem stetigen Wachstum der Organisation, dem unbeirrten Fokus auf den Markt und den Kunden bleibt oftmals die Entwicklung notwendiger Strukturen auf der Strecke. Oftmals wird es auch bewusst in Kauf genommen, dass diese Strukturen nicht etabliert werden, um die Dynamik und Flexibilität im Unternehmen nicht zu gefährden. Nichtsdestotrotz entsteht nach einiger Zeit nicht selten eine nicht unerhebliche Ineffizienz und die ersten Ermüdungserscheinungen und Frustration nicht nur bei den Mitarbeitern, sondern auch nicht selten bei der Unternehmensführung. Dies ist dann spätestens der Zeitpunkt bei dem die erste Transformation ansteht.  Das Unternehmen muss auf die nächste Entwicklungsstufe gebracht werden. Idealerweise setzt diese notwendige Veränderung ein, bevor die ersten schwerwiegenden Ineffizienzen entstehen. 

 

  • Die "Teenager-Zeit" des Unternehmens

Notwendige Veränderungsmaßnahmen können dabei in der Einführung neuer Managementstrukturen und -prozesse liegen. Nicht zu unterschätzen ist dabei, welche emotionalen Reaktionen dies bei den Menschen in einem solchen Unternehmen auslöst. Während die Unternehmenskultur bis dato durch wachstumsgeprägte Dynamik,  Flexibilität, Kreativität und  Freestyle geprägt war, besteht die Gefahr, dass ein Gefühl der Einschränkung, Reglementation und auch Frustration durch den gefühlten Verlust von Einflussmöglichkeiten und Verlangsamung entsteht.

Welche Handlungsimpulse ergeben sich also daraus, wenn man diesen nachvollziebaren Emotionen würdigend begegnen will, um die Organisation auf die notwenige Veränderung einzuschwören? Oder handelt es sich doch eher um ein Luxusproblem, das nicht zu ernst genommen werden muss? Schließlich befindet man sich in einem Start-up Umfeld, das eine entsprechende Anpassungsfähigkeit seiner Mitarbeiter voraussetzt. Nicht umsonst unterscheidet man sich in der eigenen durch Dynamik geprägten Unternehmenskultur von der eines Großkonzerns. Könnte man also nicht einfach die notwendigen Veränderungsschritte durch die Geschäftsführung einführen? Ganz frei nach dem Motto, hin und wieder müssen auch unpopuläre Entscheidungen getroffen werden, sofern sie dem Wohl des Unternehmens dienen?

Eine solche Vorgehensweise kann gut gehen, ist aber sicherlich nicht sicher, zumal sie nicht einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit entspricht. Das Risiko dürfte also etwas zu groß sein, um sich darauf einzulassen, zumal es sich insbesondere in einem Technologie geprägtem Unternehmen nicht selten um essentiell wichtige Mitarbeiter handelt, die mit ihrem Know-How einen entscheidenden Einfluss auf die Profitabilität des Unternehmens haben. Selbst die Frustration  und die damit einhergehende Leistungsreduktion einzelner Mitarbeiter ist in einem kleinem Unternehmen direkt spürbar.

 

  • Offener und ehrlicher Dialog als Reifeprüfung

Was also stattdessen tun, wenn die Mitarbeiter sich nicht veränderungsbereit zeigen?

Besser als die einseitige Vorgehensweise der Geschäftsführung ist der offene und ehrliche Dialog, der mit einer Einladung einhergeht Handlungsalternativen offen zu diskutieren und zu evaluieren. Nur wenn die Mitarbeiter an der Entscheidung beteiligt werden, kann mit gutem Gewissen davon ausgegangen werden, dass die Veränderung akzeptiert wird. Dies dient der Risikominimierung und Nachhaltigkeit bei der Durchführung der notwendigen Veränderung. Die Form der Vorgehensweise richtet sich nach der konkreten Unternehmenssituation. Je angepasster die Lösung ist , umso authentischer wird die Maßnahme durch die Mitarbeiter wahrgenommen und akzeptiert. Die Offenheit und Ehrlichkeit von allen Beteiligten, die in einem solchem Lösungsprozess erforderlich ist,  ist wohl die erste richtige Reifeprüfung eines Start-Up Unternehmens in Sachen Organisationsentwicklung.